
Gemäss einem kürzlich publizierten Artikel im Tagesanzeiger gilt immer noch die Managerdevise ‚grow or go‘. Der Auftrag an das Management ist klar: ihre Pflicht ist es dafür zu sorgen, dass das Unternehmen wächst, weil dies der Grund für den Erfolg sei. Dementsprechend werden etwa Firmen wie Google und Roche als Beispiele für die Gültigkeit der Managementdevise ‚grow or go‘ erwähnt. Das Gewerbe hingegen wird als träge bezeichnet oder auch die Churer Grossregion wird wegen fehlendem Wachstum als unattraktiv für junge und gutausgebildete Talente bezeichnet.
In diesem Artikel ist nicht ausdifferenziert, zu welchem Erfolg Wachstum überhaupt führt: ist es die Steigerung des Umsatzes, des Gewinnes, des Aktienwertes oder ist es der nachhaltige Aufbau von Kernkompetenzen und die Erschliessung von strategischen Potentialen aus Stakeholderbeziehungen? Vor allem gilt es aber auch zu berücksichtigen, welche Auswirkungen für die Stakeholder mit ‚grow or go‘ zu erwarten sind:
- Da sich das Unternehmungswachstum durch sehr unterschiedliche Grössen ausdrücken lässt, werden implizit verschiedenen Stakeholdergruppen angesprochen, die den Erfolg auch unterschiedlich beurteilen. Eine Steigerung des ausschüttbaren Gewinnes ist für die Eigentümer positiv, firmentreue Mitarbeitende oder Kunden würden mit diesen Finanzmitteln Investitionen in den Aufbau von nachhaltigen Kernkompetenzen, die Standortgemeinden Investitionen in die nachhaltige Standortattraktivität bevorzugen. Der Erfolg des Wachstums muss demzufolge aufgrund von verschiedenen finanziellen, ökonomischen, sozialen und ökologischen Kriterien für die jeweiligen Stakeholdergruppen beurteilt werden.
- Auch für die finanzorientierten Stakeholder wie Aktionäre oder Kreditgeber gilt die Kausalität Wachstum und finanzieller Erfolg nicht zwingend. Die Wirtschaftspresse berichtet auch immer wieder von gegenteiligen Beispielen. In einem Artikel in der NZZ wird etwa berichtet, dass der eindrucksvolle Umsatzvorsprung der Firma Siegfried sich negativ auf den Reingewinn und die Margen der Folgejahre ausgewirkt habe. Ob die Kausalität längerfristig wirkt, muss sich noch zeigen. GM hat mit der Akquisition von Opel offenbar über eine sehr lange Frist keine Erfolg erzielt. Auch über Tecan wird berichtet, dass die EBIT-Marge wegen dem Wachstumsschritten zurückgegangen sei. Dies zeigt, dass auch von viel komplexeren lang- oder kurzfristigen Auswirkungen des Wachstums für die finanzorientierten Stakeholder ausgegangen werden muss.
- Wie sich Unternehmungswachstum auf eine Massgrösse und damit auf die Stakeholder auswirkt, hängt auch von der Art und Weise ab, wie die Wachstumsstrategie vollzogen wird. Möglichkeiten dazu sind etwa Akquisitionen, Diversifikationen oder organisches Wachstum. In ihrem eben erschienen Lagebericht erwähnt Nestlé ein organisches Wachstum. Das organische Wachstum gilt als sanfte Strategieumsetzung, die von kurzfristigen Investoren als unspektakulär betrachtet werden kann, das aber für Mitarbeitende und für die Führungskräfte weniger belastend ist, da kulturelle Herausforderungen durch die Integrationen von akquirierten Firmen nicht auch noch gemeistert werden müssen. Nestlé will mit dem organischen Wachstum auch ‚Mehrwert für die Gesellschaft und die Aktionäre schaffen‘. Angesprochen werden dabei nachhaltige Investitionen und reduzierte Umweltbelastungen.
zu beurteilen ist.