Von Robotern und Menschen

In einer zunehmend digitalisierten Wirtschaftswelt sehe ich, etwas überspitzt ausgedrückt, zwei Prototypen des arbeitenden Menschen entstehen: Die seelenlose, als Massenware austauschbare Produktivitätsmaschine und der hyperindividualisierte, pseudokreative Selbstdarsteller. Was ich darunter verstehe und wie diesem Umstand entgegengetreten werden könnte, versuche ich in diesem Blogbeitrag darzulegen.

 

Nur ein halber Mensch…

Was den «Robotern» fehlt, ist eine Psyche oder, etwas pathetischer formuliert, eine Seele. Ketzerisch gesagt, ist der Roboter das, was die Wirtschaft schon immer vom Menschen erwartete und nun in lebloser Form vollbracht worden ist, also eine Erfüllung der Effizienz-Sehnsucht der Wirtschaft. Die anhaltenden Bemühungen um Standardisierung und Professionalisierung des Menschen im Arbeitskontext ist aber stets an Grenzen gestossen: Der Mensch ist nicht auf Knopfdruck produktiv und freundlich lächelnd. Er entspricht nie dem Rollenbild des Homo Oeconomicus, sondern will «ghäschelet» werden, um ihn bei der Stange zu halten.

Eigentlich phantastisch: Dadurch, dass Maschinen in Zukunft alle automatisierbaren und repetitiven Aufgaben übernehmen, bleiben für den Menschen nur noch die «menschlichen» Aufgaben übrig, also solche, die z.B. Individualität und Kreativität erfordern.

Weniger erfreulich: Das krampfhafte Kultivieren der Individualität und Kreativität befördert den hyperindividualisierten, pseudokreativen Selbstdarsteller. Denn leider sind von der Wirtschaft wieder nur die produktiven Dimensionen des Menschen gefragt. Die oberflächliche, optimierte Hülle. Nicht gefragt ist, wenn Mitarbeitende auch den Rest ihres Menschseins über die Türschwelle mit zur Arbeit nehmen, wie z.B. Traurigkeit, Dankbarkeit, Freude, Sinnlichkeit, Körperlichkeit. Denn tatsächlich tun sie das ja, auch wenn sie stillsitzend vor dem Computer das Gegenteil versuchen.

Das «Menschseindürfen» als Haltung

Was dabei verlorengeht, ist ein Mensch, der sich mit sich selber und seiner Umwelt verbunden fühlen kann; der sich als Teil eines (Öko-)Systems begreift. Wenn die Wirtschaft dieses «Menschseindürfen» als Haltung ernsthaft anstreben würde, dann könnte die Wirtschaft und Gesellschaft die etwaigen negativen Seiten der Digitalisierung besser abfedern und die positiven Seiten effektiver nutzen. Denn dann wäre das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem empathisch und engagiert genug, nicht nur die erfolgreichen Einzelkämpfer zu fördern, sondern auch diejenigen Menschen, die sich aufgrund der Automatisierungen neu ausrichten müssen. Dies mag naiv und idealistisch klingen, aber Probleme, die aus diesem Wirtschaftssystem hervorgehen mit den üblichen Mitteln zu bekämpfen, wie z.B. Bill Gates, der eine «Robotersteuer» einführen möchte, finde ich langsam aber sicher auch etwas phantasielos.

Konklusion/Fragen aus der Stakeholder-View:

  • Die Stakeholdertheorie versteht das Unternehmen als Teil eines Netzwerks und als Geflecht von Beziehungen.
  • Ed Freeman, der Begründer der Stakeholdertheorie, propagiert einen «Names and Faces Approach». Dieser besagt, dass Menschen im Arbeitskontext nicht nur in ihren professionellen Rollen und Gruppierungen gesehen werden sollen, sondern auch als individuelle Menschen mit verschiedenen Eigenschaften und Geschichten.
Vanessa McSorley

Veröffentlicht von

Vanessa McSorley hat ein Lizentiatsabschluss (Masterabschluss) der Psychologie von der Universtität Zürich. Als Nebenfächer belegte sie BWL und Wirtschaftsgeschichte. Vanessa interessiert sich besonders für die Normative Stakeholdertheorie und für positive Psychologie im Unternehmenskontext. Daneben forscht Vanessa zum Thema Strategisches Managment und Stakeholdertheorie und unterrichtet gelegentlich Wissenschaftliches Arbeiten an der HWZ. Neben der Forschung geniesst es Vanessa in der Natur zu sein, insbesondere der Wald und die Berge sind bevorzugte Aufenthaltsorte. Wandern mit Freunden, Training mit dem Hund und verschiedene Sportarten sind Aktvitäten, die sie liebt. Vanessa arbeitet seit Anfang 2013 an der HWZ.

2 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Keine Lösungsideen. Das ist phantasielos. Artikel trifft den Punkt nicht. Bill Gates ist da klarer.

  2. Vanessa McSorley

    Vielen Dank für den Kommentar MPN! Da haben Sie natürlich völlig recht. Nur ist es meiner Meinung nach so, dass man das Mindset der Wirtschaft ändern muss, anstatt Symptome zu bekämpfen. Eine Haltung zu ändern ist zugegebenermassen nicht sehr pragmatisch und ein langwieriger Prozess, der aber meiner Meinung nach notwendig ist. Vielleicht würde ein positives Beispiel helfen: Das Unternehmen Fairphone. Auch wenn ich nicht in die firmeninterne Kultur hineinsehen kann, so sieht es von aussen doch ziemlich vielversprechend aus: Transparenz, Wertschätzung, Zweckorientierung, Kreislauforientiert…https://www.fairphone.com/de/uber/uber-uns/
    Hilft das weiter?

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